Schutzkonzept der Evangelischen Kirchengemeinde St. Nikolai Greifswald zur Prävention und Intervention bei sexualisierter Gewalt
1. Einleitung
1.1. LeitbildUns, der Evangelischen Kirchengemeinde St. Nikolai Greifswald, liegt der Schutz von Kindern und Jugendlichen am Herzen. Deshalb kommen wir gerne unserer Verpflichtung nach, ein Schutzkonzept zu entwickeln. Grundlage dafür sind das Präventionsgesetz der Nordkirche und die Vereinbarung zwischen dem ‚Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs‘ (UBSKM) und der ‚Evangelischen Kirche in Deutschland‘ (EKD). Das Schutzkonzept nimmt Kinder und Jugendliche als besonders schutzbedürftig in den Fokus, soll jedoch Menschen aller Altersgruppen in unserer Gemeinde dienen.
Wir stellen fest: Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Schutz vor allen Formen von Gewalt, selbstverständlich auch vor sexualisierter Gewalt.
Wir verurteilen jede Form von Gewalt und setzen uns dafür ein, dass Kinder und Jugendliche in unserer Kirchengemeinde bestmöglich vor Gewalt geschützt werden. Dabei haben wir sowohl Orte im Blick, an denen Kinder und Jugendliche haupt-, neben- oder ehrenamtlich tätigen Erwachsenen anvertraut werden, als auch Gruppen, in denen Kinder und Jugendliche sich selbst (älteren) Jugendlichen anvertrauen bzw. anvertraut werden. Kinder und Jugendliche sollen in unserer Gemeinde vertrauensvolle und kompetente Ansprechpersonen finden, wenn sie Hilfe brauchen.
1.2. Ziele des SchutzkonzeptsDie Kirchengemeinde St. Nikolai Greifswald hat sich der Auseinandersetzung mit den Themen sexualisierte Gewalt, grenzverletzendes Verhalten und Kindeswohl gestellt und dabei kritisch die eigenen Arbeitsstrukturen hinterfragt. Die in der Auseinandersetzung mit den Themen entwickelten Regelungen und Leitlinien dienen der Vorbeugung von sexualisierter Gewalt und Grenzverletzungen. Die Maßnahmen der Prävention schaffen Strukturen und Handlungssicherheit für Mitarbeitende und Pastor:innen, die dafür Sorge tragen, dass alle Menschen, insbesondere Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, im kirchlichen Raum geschützt sind.
Damit dieses Schutzkonzept wirksam greift und wirklich schützt, ist es wichtig, dass es mehr als ein Stück beschriebenes Papier ist. Der Schutz kann sich entfalten, wenn sich unser Miteinander zu einer „gelebten Kultur der Grenzachtung“, der Achtsamkeit und des respektvollen Umgangs entwickelt.
2. Angaben zu den Arbeitsfeldern in der Gemeinde
Unsere Kirchengemeinde bietet Menschen aller Altersgruppen eine Vielzahl von Veranstaltungen in unterschiedlichen Formaten. Viele Arbeitsfelder werden übergemeindlich in Kooperation mit anderen Kirchengemeinden der Stadt organisiert.
Dazu gehören u.a.:
- Christenlehre
- Konfirmandenunterricht
- Jugendarbeit bei JUST
- Ausbildung von Teamerinnen und Teamern im PEK
- Kinderbibeltage
- Kinderkirchenführer-Ausbildung
Bei den übergemeindlichen Arbeitsfeldern wurden gemeinsame Leitlinien mit den beteiligten Kirchengemeinden erarbeitet. Die Ergebnisse dieser Abstimmung finden sich in den entsprechenden Anlagen.
Daneben gibt es Arbeitsfelder, die allein von der Kirchengemeinde St. Nikolai verantwortet werden. Dazu gibt es spezifische Anlagen, die nur die Kirchengemeinde betreffen.
Arbeitsfelder in alleiniger Verantwortung der Kirchengemeinde sind u.a.
- Evangelische Kindertagesstätte St. Nikolai Greifswald
- Krabbelgruppen
- Kindergottesdienst
- Gemeindefreizeiten
- Jugendfahrten (z.B. zum Kirchentag)
- Dom-Kinderchöre
- Dom Jugendchor
- Betreuung von BuFDi, Praktikant:innnen, MAE-Kräften usw.
- Flüchtlingsarbeit
Die Ev. Kindertagesstätte St. Nikolai hat ein eigenes Schutzkonzept „Kultur der Grenzachtung“, in dem Prävention, Intervention, das Sexualpädagogische Konzept und der Beschwerdemanagement der Einrichtung beschrieben werden. Ungeachtet dessen gilt das hier beschriebene Schutzkonzept der Kirchengemeinde St. Nikolai auch für die Kindertagesstätte. Dem wird mit eigenen Anlagen Rechnung getragen.
Mit der verantwortlichen Planung, Vorbereitung und Durchführung der Angebote der Gemeinde sind hauptamtliche Pastor:innen und Mitarbeitende sowie persönlich und fachlich geeignete ehrenamtliche ältere Jugendliche / Jugendgruppenleiter:innen und Erwachsene beauftragt. Dies sind insbesondere (in alphabetischer Reihenfolge):
- Ehrenamtliche/ Freiwillige mit übertragenem Verantwortungsbereich
- Geringfügig Beschäftigte im kinder- und jugendnahen Bereich
- Honorarkräfte
- Jugendmitarbeiter:innen
- Kirchenmusiker:innen
- Küster:innen
- Pastor:innen
- Verwaltungsfachkräfte
3. Risikoanalyse
Die Risikoanalyse hilft uns dabei, einen kritischen Blick in die eigene Gemeinde zu werfen. Wo gibt es „verletzliche“ Stellen in Bezug auf Verhaltensregeln, im Umgang mit Nähe und Distanz, im
baulichen Bereich oder im Bereich der Personalverantwortung? Dabei geht es immer auch um die Frage, welche Bedingungen vor Ort Täter und Täterinnen nutzen könnten, um sexuelle Gewalt vorzubereiten und auszuüben. Die Ergebnisse dieser Analyse bieten die Grundlage für das vorliegende Schutzkonzept.
Es können nicht alle Risiken ausgeschlossen, wohl aber ein Großteil erkannt, benannt und eingeschätzt werden.
Die Risiken für die gemeindeübergreifenden Arbeitsfelder sind in einer entsprechenden Arbeitsgruppe erörtert worden.
Anlage 1: Risikoanalyse Evangelische Kirchengemeinde St. Nikolai Greifswald
Anlage 2: Risikoanalyse Evangelische Kindertagesstätte St. Nikolai Greifswald
4. Schutzfaktoren gegen sexualisierte Gewalt in der Personalorganisation
4.1. Voraussetzungen zur MitarbeitIn der Kinder- und Jugendarbeit und im kinder- und jugendnahen Bereich unserer Kirchengemeinde werden ausschließlich persönlich geeignete und fachlich qualifizierte Personen beschäftigt. Einschlägig vorbestrafte Personen dürfen nach §72a SGB VIII nicht beschäftigt werden.
Als Kirchengemeinde sind wir laut §5 Abs. 1 PrävG der Nordkirche verpflichtet, uns von allen Personen, die beruflich in der Kinder- und Jugendarbeit oder in kinder- und jugendnahen Bereichen tätig sind, bei der Einstellung und in regelmäßigen Abständen, spätestens nach jeweils fünf Jahren, ein erweitertes Führungszeugnis nach §30a Bundeszentralregistergesetz, in der jeweils geltenden Fassung, vorlegen zu lassen. Mitarbeitende und Pastor:innen müssen demzufolge zu Beginn ihrer Tätigkeit ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen; für bestehende Arbeitsverhältnisse wird der Nachweis nachträglich verlangt.
Von Ehrenamtlichen soll je nach Art, Intensität und Dauer des Kontakts dieser Personen mit Kindern und Jugendlichen die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses verlangt werden.
Näheres regelt die Anlage 3. Die Kosten trägt in allen Fällen die Kirchengemeinde.
Außerdem geben alle in der Kinder- und Jugendarbeit Tätigen zum Beginn ihrer Tätigkeit eine Selbstverpflichtungserklärung ab. Bei bereits bestehender Mitarbeit wird die Verpflichtung nachträglich eingeholt.
Unterschriebene Selbstverpflichtungserklärungen verbleiben grundsätzlich beim Unterzeichnenden, eine Kopie wird in der Kirchengemeinde aufbewahrt.
Anlage 3: Einholen des erweiterten polizeilichen Führungszeugnisses (gemeindeübergreifend erstellt)
Anlage 4: Selbstverpflichtung (gemeindeübergreifend erstellt)
4.2. Fortbildungen für Mitarbeitende und Pastor:innen
Alle Mitarbeitenden im Haupt- und Ehrenamt und die Pastor:innen sollen regelmäßig an Fortbildungen teilnehmen, die Prävention und Intervention im Kontext von sexualisierter Gewalt zum Thema haben. Sie sollen dadurch zur besseren Wahrnehmung von Auffälligkeiten und Unregelmäßigkeiten befähigt werden und Handlungskompetenzen für ihre Verantwortungsbereiche erwerben und sich fachlich austauschen.
Unsere Kirchengemeinde dokumentiert die Teilnahme an Fortbildungen zu den genannten Themenbereichen.
5. Schutzfaktoren gegen sexualisierte Gewalt
5.1. Standards des MiteinandersDie Standards für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen haben gemeindeübergreifende Arbeitsgruppen erstellt. In ihnen sind Regeln formuliert, wie wir in unseren Greifswalder Kirchengemeinden miteinander umgehen möchten.
Ziel dieser Standards ist es:
- Kinder und Jugendliche vor Grenzverletzungen und sexueller Gewalt zu schützen
- Mitarbeitenden und Pastor:innen Handlungssicherheit im Alltag zu geben und die Positionierung gegenüber Grenzverletzungen und sexueller Gewalt zu erleichtern
- Mitarbeitende und Pastor:innen vor falschem Verdacht zu schützen
- die Grauzone zwischen normalem und grenzüberschreitendem Verhalten zu minimieren
- Grenzverletzungen früher wahrzunehmen, zu benennen und sich Hilfe zu holen
- ein fachlich adäquates Nähe-Distanz-Verhältnis, auf der Grundlage eines respektvollen Umgangs und einer offenen Kommunikationskultur gegenüber Kindern und Jugendlichen zu gewährleisten
- regelmäßig das eigene Verhalten zu reflektieren
Die Mitarbeitenden und Pastor:innen sollen dabei stets klar, konsequent und fehlerfreundlich bleiben, denn Regelverstöße können vorkommen!
Regelübertretungen bzw. die Nichtbeachtung der Standards bewirken Konsequenzen, über deren Art, Umfang und Durchsetzung die Verantwortlichen gemeinschaftlich beraten und entscheiden.
5.2. Sexualpädagogisches Konzept der Ev. Kindertagesstätte St. Nikolai GreifswaldAnlage 7: Sexualpädagogisches Konzept der Ev. Kindertagesstätte St. Nikolai Greifswald
5.3. PräventionsangeboteKinder und Jugendliche sollen im Rahmen von Informationsveranstaltungen und mit anderen öffentlichkeitswirksamen Mitteln, z.B. durch Aushänge, Artikel im Gemeindebrief, Hinweise auf der Webseite, Flyer, Briefe usw. über ihre Rechte informiert werden. Eltern sollen nach Möglichkeit in Informationsveranstaltungen einbezogen werden.
Unsere Kirchengemeinde setzt sich in der Kinder- und Jugendarbeit und im Kinder- und jugendnahen Bereich für eine offene Kommunikation mit Eltern ein.
Vor besonderen Aktivitäten, z.B. vor Jugendfreizeitfahrten, Konfirmandenfahrten, Kinderchorreisen, Kinderbibeltagen usw., wird in geeigneter Form auf das Schutzkonzept hingewiesen.
6. Vorgehen bei Hinweisen auf sexualisierte Gewalt oder Grenzverletzungen
6.1. Beschwerdewege und HandlungsplanWir gewährleisten, dass wir jeden Hinweis auf Grenzverletzungen oder sexualisierte Gewalt ernstnehmen und mit besonderer Sorgfalt nach fachlichen Standards bearbeiten. Hierbei werden sowohl die gesetzlichen Verfahrensregeln als auch die Vorgaben des Seelsorgegeheimnisses und gesetzlicher Schweigepflichten beachtet.
Bei Missbrauchsvorwürfen gegen haupt- oder ehrenamtliche Mitarbeitende gilt für uns der in dem Handlungsplan des Pommerschen Evangelischen Kirchenkreises (Anlage 8) beschriebene Verfahrensweg. Zusätzlich gilt im Bereich der Kindertagesstätte der Handlungsplan Anlage 9. Beschwerdewege in der Kirchengemeinde regelt Anlage 10.
Anlage 8: Handlungsplan bei Verdacht auf sexualisierte Gewalt (für den Kirchenkreis erstellt)
Anlage 10: Beschwerdewege in der Ev. Kirchengemeinde St. Nikolai
6.2. Ansprechpersonen
Für die Domgemeinde St. Nikolai Greifswald wird ein/e Beauftragte/e für Prävention eingesetzt. Sie/Er steht als Ansprechperson zur Verfügung und sorgt außerdem dafür, dass die im Schutzkonzept vorgesehen Präventionsmaßnahmen eingehalten werden. Dazu gehört:
- regelmäßige Kontrolle der Präventionshinweise auf der Internetseite der Kirchengemeinde und Aktualisierung des Präventions-Flyers
- jährlicher Hinweis auf das Präventionskonzept im Gemeindebrief
- jährliche Kontrolle der aktuellen Führungszeugnisse und Selbstverpflichtungen
- Überprüfung der Dokumentation der Fortbildungsmaßnahmen
- Regelmäßige Aktualisierung der Ansprechpersonen
- Evaluation des Schutzkonzepts nach jeder Wahl des Kirchengemeinderats
Folgende Personen können im Konfliktfall angesprochen werden:
- Beauftragte(r) der Gemeinde für Prävention und Beschwerden:
Marcel Zahn, marcel.zahn.offiziell@gmail.com Tel. 0152-54170656
- Pastores der St. Nikolai Gemeinde:
Tilman Beyrich, t.beyrich@gmx.de, Tel. 03834-2627
Beate Kempf-Beyrich, kempf-beyrich@gmx.de, Tel. 03834-2627
- Leiterin Kita
Steffi Fenske, kitastnikolai-hgw@gmx.de, Tel. 03834-4163
- Gemeindepädagogin
Friederike Creutzburg, hgw-kinder2@pek.de, Tel. 0151-42 84 31 25
- Präventionsbeauftragte im Pommerschen Evangelischen Kirchenkreis:
Pastorin Beatrix Kempe, Tel. 0170 76 71 322 prävention@pek.de
6. Meldebeauftragte Stabsstelle Prävention - Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt der Nordkirche:
Holstenkamp 1, 22525 Hamburg, Tel. +49 40 4321-6769-0 info@praevention.nordkirche.de
Für Konfliktfälle in der Kindertagessstätte sind darüber hinaus ansprechbar:
- Fachberatung:
Andrea Zarmstorf, zarmstorf@diakonie.de, 0162 27 52 522 - Insoweit erfahrene Fachkraft:
Britta Heinrich, heinrich@kdw-greifswald.de, Tel. 03834-3046 - Fachaufsicht Jugendamt:
Doreen Hunger, hunger@kreis-vg.de, Tel. 03834-87 60 26 16
7. Umsetzung des Schutzkonzeptes
Das vorliegende Konzept wurde in der Kirchengemeinderatssitzung am 16.05.2023 beschlossen.
Die Kirchengemeinde St. Nikolai Greifswald wird das entwickelte Konzept umsetzen.
Das Schutzkonzept wird zu Beginn jeder Wahlperiode des Kirchengemeinderats von diesem überprüft.