Bildnis des Generalsuperintendenten Michael Christian Rusmeyer
Bildnis des Generalsuperintendenten Michael Christian Rusmeyer

Bildnis des Generalsuperintendenten Michael Christian Rusmeyer

geb. 21. August 1686 - gest. 20. August 1745

Ölgemälde auf Leinwand, 0,61 x 0,49 m, Mitte des 18. Jahrh.

Rusmeyer wurde in Lüneburg als Sohn mittelloser Eltern geboren. Er studierte in Jena und Halle Theologie und auch ein Jahr Jura, arbeitete dann in Hamburg, Christiania/Schweden und Kopenhagen als Hauslehrer und Hilfsgeistlicher. 1717 erschienen seine ersten Schriften. Im Dezember 1719 erfolgte seine Berufung als Theologieprofessor und Pastor an St. Marien, obwohl er als Vertreter des Pietismus sehr viele Gegner hatte. Durch Verleumdungen und Klagen wurde sein Leben stark beeinträchtigt und seine Lehrtätigkeit behindert. Erst nach dem Tod eines Hauptgegners im „Greifswalder Pietismusstreit“ (Prof. Gebhardi, 1729) konnte sich Rusmeyer voll entfalten.

Im Oktober 1740 wurde er zum Generalsuperintenten berufen, er starb im August 1745.

Michael Christian Rusmeyer

10. August 1686, Lüneburg - 20. August 1745, Greifswald

Michael Christian Rusmeyer wurde am 17.1686 in Lüneburg als Sohn mittelloser Eltern geboren. Er sollte ein Handwerk erlernen, wollte aber gegen den Willen des Vaters Theologie studieren. In Lüneburg erlebte A. H. Francke seine Bekehrung und es herrschte ein intensives religiöses Klima, hier liegen wohl Wurzeln der späteren theol. Ausrichtung Rusmeyers. Er erhielt Privatunterricht und ging mit 20 Jahren auf die Universität in Jena. Dort studierte er neben Theologie auch ein Jahr Jura. Danach wollte er nach Halle, der Hochburg des Pietismus, wechseln, erhielt aber einen Ruf nach Hamburg als Hauslehrer. Vorher reiste er aber nach Halle und wurde mit A. H. Francke bekannt, mit dem er in Briefwechsel blieb. In Hamburg machte er Examen, predigte fast zwei Jahre regelmäßig vertretungsweise. 1713 ging er als Hauslehrer nach Christiania/Schweden und wurde kurze Zeit 1714 Hilfsgeistlicher an der deutschen Kirche in Stockholm. Drohende Kriegsgefahr ließ ihn über Uppsala nach Hamburg zurückkehren, wo er wieder als Hauslehrer und predigend tätig war. 1717 erste Schriften im Druck erschienen.

1716 Hauslehrer der drei Söhne des Grafen von Reventlow mit Aufenthalt in Altona und Kopenhagen, von wo er sich 1719 mit Unterstützung einflußreicher Gönner auf die Professur in Greifswald bewarb.

Für die Professur waren von Prof. Gebhardi am 30.3.1719 drei Männer vorgeschlagen worden. 14 Tage später wurde er auf Rusmeyer aufmerksam gemacht, auch durch einen Brief aus Kopenhagen. Auch Rusmeyer schreibt eine Selbstempfehlung, daß er „von Jugend auf beständig Neigung gehabt habe, Gott in einer Professione Theologica zu dienen“. Nach weiteren empfehlenden Briefen, auch aus Kopenhagen, erfolgt eine Veränderung der Vorschlagsliste. Rusmeyer wurde um eine Probepredigt gebeten, die ausgesprochen gut aufgenommen wurde. Eine Intervention aus Rügen erfolgte, daß man nicht einen „frembden, in diesen Landen Unbekannten und mit den Verhältnissen nicht Vertrauten“ in Vorschlag bringen wollte. Das wurde zurückgewiesen. Nun wurde eine Disputation angesetzt, die weniger gut ankam. Er sei „in der Disputation nicht sonderlich exercieret“. Schon hier erfolgten heftige Vorwürfe von Prof. (math.) Papke, der Rusmeyer u.a. in den folgenden Jahrzehnten heftigst mit Pietismusvorwürfen und Anklagen bedeckte. Rusmeyer war eine der zentralen Figuren im „Greifswalder Pietismusstreit“. Die Mehrheit in der Universität war gegen Rusmeyer - Gebhardi dafür -, dennoch erfolgte am 5.12.1519 die Ernennung durch König Friedrich IV. in Kopenhagen.

Im Juli 1723 reichte der Papke seine Denunziationsschrift wegen Pietismusvorwürfen gegen Rusmeyer und Balthasar direkt beim Konsistorium in Stockholm ein. In den Folgejahren gingen von ihm immer wieder Anklagen aus.
Papke war wegen der Sache, aber auch wegen persönlicher Motive - Übergehung bei Rektoratswahl - so angriffswütig. Auch wollte er Theologie lesen, was aber abgelehnt wurde. Als Mathematiker haben ihm Studenten gezeigt, wie man es machen solle. Papke war streitsüchtig, immer erneute kleinliche Anklagen, er floh dann später nach Schweden, verlor dort auch die Unterstützung in dieser Sache. Er behinderte aber u.a. Rusmeyers Leben und seine Lehrtätigkeit in enormem Ausmaß.

1723 erhielt Rusmeyer eine Anfrage aus Halle, vermutlich von A. H. Francke, und verspürte nicht geringe Neigung „nach Gottes Willen diesen Ort zu verlassen und jenen zu wählen“, aber da er sich in Greifswald verschuldet hatte, waren die Einkünfte in Halle nicht hoch genug.

1724 trafen sich einige Studenten, die die Bibel lasen und darüber ihre Meinungen austauschten. Im Oktober 1725 übernahm Rusmeyer auf Bitte der Studenten die Leitung der jetzt am Sonntag Nachmittag stattfindenden collegia pietatis. Diese wurden aber sofort verboten.

Über die Vorwürfe schreibt Lother: „Der pietistischen Behauptung von der Vollkommenheit aller wahrhaft Gläubigen entspricht Rusmeyers Behauptung in einer Predigt, daß das Abendmahl nicht zur Vergebung der Sünden, sondern zur Stärkung des Glaubens empfangen würde“ (S.110). Auch der Vorwurf, daß er das NT im hervorgehobenen Rang über das AT stelle, wurde erhoben und seine Geringschätzung der Philosophie angeklagt. Viele Angriffe auch wegen lange zurückliegender Schriften. Der Streit dauerte über lange Jahre hin bis er, nach dem Tod von Beteiligten (Gebhardi 1729), einem erfolglosen Schiedsspruch (1730), Verzögerungen und auch einer Veränderung der theol. Landschaft (Aufkommen des Rationalismus), im Sande verlief. Er schadete aber der Universität und den Beteiligten sehr.

Als die Auseinandersetzung ruhiger wurde, konnte Rusmeyer seine wissenschaftliche Begabung voll leben und ein umfangreiches Schrifttum verfassen.

Im Oktober 1740 wurde er zum Generalsuperintendenten ernannt und im Januar 1741 eingeführt.

Am 20. August 1745 starb er an einem Asthmaanfall, nachdem er sich zum Sterben vorbereitet hatte. Er lebte glücklich in seiner Familie und hatte das Bedürfnis, „auch seinen Studenten einen Eindruck davon zu geben, daß sich die Religion nicht in starren Formeln verzehren dürfe, sondern wirkliche Herzenssache sein müsse“. Dies bewog ihn, von der Orthodoxie, zum Pietismus zu gehen. Seine Bibliothek, 3658 Bände, enthielt einen sehr großen Teil pietist. Literatur und die mit dem Streit verbundene Literatur.

Seine Predigten waren für unsere Verhältnisse ungeheuer lang, damals aber der Zeit angemessen, 15-20 Druckseiten lang. Streng biblische Predigten, ganz selten Verzerrungen, so hat er etwa de Hochzeit von Kana behandelt unter dem Thema „Die Übung des Christentums in der Ehe“ und dabei eine eingehende Besprechung der Verlobung angefügt.

Rusmeyer ist zwar ein Vertreter des Pietismus, aber dies in bester Hinsicht, da er Herzensfrömmigkeit mit wissenschaftlichem Streben verbunden hat.

Rainer Neumann

Nach: Lother, Pietistische Streitigkeiten in Greifswald, 1925.

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